Berlin: 8 Ausgeh-Tipps fur Lesben und Schwule
In Berlin gibt es jede Menge Bars und Diskos fur Schwule und Lesben. Der reisereporter zeigt dir acht Ausgeh-Tipps fur alle, die es auch beim Feiern queer lieben.
1. Mobel Olfe
Hunderte Satellitenschusseln sprenkeln den langgezogenen Hochhausriegel am Kottbusser Tor. Da ist es naturlich nur konsequent, dass auch unten in der Ladenzeile, im Innern der Bar Mobel Olfe, Satellitenschusseln von der grun angestrahlten Betondecke hangen. Zumal ja auch viele der Gaste hier auf Empfang sind, dabei aber stets locker und entspannt bleiben.
Durchtrainierte Amerikaner in kurzen Hosen und Tennissocken trinken hier ihr erstes, zweites, drittes Bier des Abends. Gro?flachig tatowierte Berlinerinnen verhandeln beim Gin Tonic die Vierte Welle des Feminismus. Und hinter der langen Holztheke hebt und senkt eine Winkekatze mit angeklebtem Schnurrbart ihr Armchen, so gar nicht im Takt zu den Indie- und Elektroklange aus den Boxen.
Das „Mobel Olfe“ ist zu Recht eine feste Gro?e in Berlins queerer Szene. Dienstags gehort die Bar den Lesben, donnerstags den Schwulen. Tolle Location, tolerante Leute, jeder Gang auf die Unisex-Toilette ist ein Statement. Am besten folgt man dem gro?en, grunen „Mobel Olfe“-Schriftzug auf dem Dach des Hochhauses in der Woche, wenn der Touri-Trubel ausbleibt. Das Schild ist ubrigens alter als die Bar. Es verweist auf ein langst geschlossenes Mobelgeschaft in der Nachbarschaft. Das „Mobel Olfe“ aber wird ganz bestimmt noch lange bleiben.
2. Rauschgold
Das „Rauschgold“ am vielbefahrenen, immer wachen Kreuzberger Mehringdamm zahlt zu jenen Schwulenbars, in denen immer auch ein bisschen Karnevalsstimmung herrscht. Wer Freude an extravaganten Kleidern und dickem Makeup hat, ist hier sehr richtig – genauso richtig wie Jungs in Muskelshirts oder auch Holzfallerhemden.
Es funkelt und glitzert, wohin man schaut: Diskokugeln, Paillettenvorhange und Lametta verwandeln die Bar in ein frohlich-schrilles Kabinett, und das an jedem Abend in der Woche. Die DJs legen es auf Partystimmung an und spielen dafur Pop aus den letzten sechs Jahrzehnten, Schlager und Neue Deutsche Welle.
Zwischendurch gibt es auch Showeinlagen mit Mitmach-Appellen. Zu Beginn des Abends ist das Publikum uberwiegend schwul, was sich allerdings andert, je spater es wird und je mehr Bars und Kneipen ringsum zumachen. Dann schauen auch die anderen vorbei. Willkommen ist jedenfalls jeder.
3. Buchhandlung Eisenherz
Das „Eisenherz“ eroffnete vor fast 40 Jahren als erster schwuler Buchladen in Deutschland, und bis heute durfte es weltweit – wenn uberhaupt – nur ganz wenige queere Buchladen geben, die ein gro?eres Sortiment vorweisen konnen als dieses entspannte und entspannende Geschaft in Berlin-Schoneberg. Man findet es in der Schwulenmeile Motzstra?e, zwischen unzahligen schwulen Bars, Clubs, Cafes und Fetischladen.
Das „Eisenherz“ bietet Romane, Sachbucher, Zeitschriften und Bildbande an, uber deren Fulle und Auswahl nicht nur Heteros ins Staunen geraten durften. Zum Beispiel liegen hier Comics aus, deren schwule Helden arabischer Herkunft sind. Reisefuhrer empfehlen die besten Trips fur LGBTI-Singles und -Paare.
Es gibt Vorlesebucher fur Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen: Mutter, Mutter, Kind. Und die Regale sind voll mit Romanen, deren Protagonisten schwul, lesbisch, trans-, inter- oder bisexuell sind – so als ware queer das Normalste von der Welt. Das „Eisenherz“ ist ein Laden zum Wohlfuhlen.
4. Begine
So wie jeder anderen Stadt sind auch in Berlin Angebote, die sich ausdrucklich an Lesben richten, sehr viel seltener als Clubs, Bars und Partys fur Schwule. Aber es gibt sie. Die „Begine“ ist eine geschichtstrachtige Institution in der Berliner Frauenszene.
Ihre Wurzeln liegen in der Frauenbewegung der 80er-Jahre, gegrundet wurde das Cafe und Kulturzentrum fur Frauen in einem von Frauen besetzten und in Selbsthilfe instandgesetzten Haus in Schoneberg. Aus dem Hausprojekt ist inzwischen ein ambitionierter Kulturtreff geworden, mit Literaturabenden, Jazz- und Klassikkonzerten und auch Partys. Und, klar, uber Politik wird auch noch ausgiebig diskutiert.
5. Schwuz
Das Schwuz zahlt zu den Hauptanlaufstellen der queeren Berliner Partyszene. Im Neukollner Rollbergkiez gelegen, lockt der Laden jedes Wochenende einige Hundert Einheimische und Berlin-Besucher zum Feiern auf einen seiner drei Dancefloors an.
Besonders beliebt ist die Retro-Party-Reihe „Bump“, bei der das Publikum dem Sound entsprechend nicht ganz so jung ist. Unter der Woche erklingt in den einstigen Brauereihallen gern mal Elektro von externen DJs, Techno und House. Und Soli-Aktionen fur das gegenuberliegende Seniorenheim standen ebenfalls schon auf dem Programm.
6. Die Busche
Man muss nicht, man kann jedoch mit einiger Phantasie beim Feiern in der Busche den Atem der Geschichte spuren. Die Busche war die erste und einzige Schwulen- und Lesben-Disko in der DDR. Im Berliner Ost-Bezirk Wei?ensee veranstaltete man damals Tanzveranstaltungen, die unter dem Titel „Jugenddisco“ firmierten – ein kleines Ablenkungsmanover, schlie?lich war auch in der DDR Schwullesbisches nicht gern gesehen.
Heute residiert die Busche unter den U-Bahn-Bogen an der Warschauer Stra?e in Berlin-Friedrichshain. Feiern und Leute kennenlernen kann man dort auf zwei Dancefloors: Auf dem Discofloor geht es eher konventionell zu, zu Pop, Schlager und Ole Ole. Auf dem gro?eren Mainfloor ist das Feiern exzessiver, zu EDM-, House-, Electro- und Techhouse-Tracks. Die Feierei startet Berlin-typisch erst gegen Mitternacht und reicht mitunter bis weit in den Folgetag hinein.
7. Schwules Museum*
Seit den sozial bewegten achtziger Jahren paltalk widmet sich das Schwule Museum* den mal subtilen, dann wieder kampferischen Bemuhungen Homosexueller, ein selbstbestimmtes Leben zu fuhren, frei von Angst und Ausgrenzung. Zunachst standen nur mannliche Homosexuelle im Fokus der Museumsgrunder. Inzwischen aber gilt das wissenschaftliche Interesse der Kuratoren auch anderen sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitaten – vor allem Frauen und Transgender. Fur diese inhaltliche Ausweitung steht das Sternchen im Namen.
Wer oder was definiert das Geschlecht eines Menschen? Wie ging die DDR, wie geht die BRD mit Homosexuellen um? Warum betonen Heterosexuelle zurzeit so haufig, wie tolerant die Gesellschaft inzwischen geworden sei – und wenn das stimmt: Warum stellt fur die meisten Homosexuellen ihr Coming-out heute noch immer ein Problem dar?
Das sind Fragen, denen das in Berlin-Schoneberg gelegene Schwule Museum* in Ausstellungen, Vortragen und Diskussionsveranstaltungen nachspurt. Fast jeden Donnerstag und Samstag finden im Schwulen Museum* Fuhrungen statt.
8. Silver Future
Die Weserstra?e in Berlin-Neukolln ist der zurzeit wohl angesagteste Kilometer der Stadt. Hier ist das Zentrum des europaischen Hipstertums. Dicht an dicht drangen sich Bars mit freigelegtem Mauerwerk und ambitionierter Getrankekarte, Restaurants mit Spitzenkochen in kreativer Auszeit und Bekleidungsladen, deren Betreiber sich eher als Kuratoren denn als Verkaufer verstehen. Dass es auf der Weserstra?e mit dem „Silver Future“ nur eine explizit queere Bar gibt, liegt wohl daran, dass Schwule, Lesben und Transgendermenschen hier uberall willkommen sind. „Jeder wie er will“, so lautet das ungeschriebene Gesetz im Kiez, und es gilt erst recht im „Silver Future“.
Von der Decke hangen Fahrradschlauche, die Wand zieren eine schnauzbartige Audrey Hepburn und eine beinbehaarte Superfrau. Die Longdrinks hei?en „Bummerking“ (mit Grenadine), „Hansi“ (mit Johannisbeersaft) oder „Pussy Love“ (mit Zitronensaft), die Songs des Abends kennt man aus der Indie-Disko, und das Publikum ist junger als in anderen schwul-lesbischen Bars.
Pink ist hier die dominierende Farbe, aber der politische Anstrich ist unubersehbar: Es gibt einen Soli-Drink, dessen Erlos Fluchtlingen zugutekommt, und wer sich aufmerksam durch die Getrankekarte liest, der sto?t auf diesen Satz: „Trinkgeld wird dankend akzeptiert, Sexismus und Machogehabe nicht.“